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Das Wort Elite ist heutige omnipräsent und reflektiert die breiten wie diffusen Erwartungen an eine herausgehobene Sozialgruppe. Die Reihe ‚Elitenwandel in der Moderne‘ untersucht die Relevanz und den Bedeutungswandel von Eliten in der Perspektive der europäischen Moderne seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert. Eine bedeutende Stellung nehmen Studien zum erfolgreichen und scheiternden Machtbeharren des Adels, aber auch zum Wandel dieser Gruppe ein. Gleichzeitig nimmt die Reihe das Aufkommen neuer Elitenformationen in den Blick und fragt nach den Mechanismen von Bedeutungszuweisung als Folge des Aufstiegs der Massenmedien und gesellschaftlicher Mobilisierung.
Die Herausgeber/-innen:
Gabriele B. Clemens, Universität des Saarlandes
Dietlind Hüchtker, Universität Wien
Martin Kohlrausch, KU Leuven
Stephan Malinowski , University of Edinburgh
Malte Rolf, Universität Oldenburg
Empfehlungsschreiben beeinfl ussen die Lebenswege der empfohlenen Personen maßgeblich und unterliegen dabei den Einfl üssen ihrer historischen Umgebung. Ausgehend von der Frage, wie Empfehlungsschreiben im 19. und 20. Jahrhundert geschichtsmächtig und geschichtsträchtig wurden und wie sie sich im Laufe der Zeit veränderten, werden vier Fallstudien aus dem Bereich der deutsch-jüdischen Geschichte des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts untersucht. Hierzu gehören Schreiben von und an Bankier Gerson von Bleichröder, das Bankhaus Arnhold, die Hebräische Universität und die Hilfsorganisation AFSC. Durch die Kombination von semantischer Analyse und Netzwerkanalyse zeigt die Arbeit die Bedeutung von Formulierungen, die unter anderem Freundschaft, Vertrauen und/oder Machtverhältnisse beschreiben und abbilden. Zwischenmenschliche Verbindungen, die sich in Empfehlungsschreiben manifestierten, werden so sichtbar. Es wird nachvollziehbar, wie Empfehlungen sozialen Aufstieg, gesellschaftliche Etablierung und Institutionalisierung ermöglichten und humanitäre Hilfe nachhaltig prägten.
„Lederkönig", „Herzog von Worms" oder „Moderne Medici", so wurden die nobilitierten Freiherren von Heyl zu Herrnsheim von Zeitgenossen genannt. Es handelte sich teils um Spott, war aber auch Ausdruck von Bewunderung für die Unternehmerfamilie, die mit ihrer Lederfabrik steinreich geworden war. Die Untersuchung des Aufstiegsmodells der Heyls belegt, wie attraktiv adlige Lebensmuster und aristokratisches Prestige für finanzkräftige Großbürger im Deutschen Kaiserreich waren. Auf der Quellenbasis des Familienarchivs wird die Strategie aufgezeigt, sich durch eine ehrgeizige Netzwerk-, Wohlfahrts- und Kunstpolitik Traditionen anzueignen, die Adlige im Lauf von Jahrhunderten erworben hatten. Dazu gehörte der Kauf eines Schlosses, die Errichtung einer Grabkapelle, die Stiftung eines Fideikommiss sowie die Erfindung eines eigenen Wappens. Der adlig-bürgerlichen Elitenpraxis folgend förderten die Heyls zudem Kulturinstitutionen und etablierten sich als Kunstsammler und Mäzene. Erfolgreich stiegen sie so an die gesellschaftliche Spitze des Kaiserreichs auf, gekrönt durch die Verleihung des hessischen Freiherrentitels.
Es wird der unterschlagenen Frage nachgegangen, welche Rolle der Elitismus der französischen Architektenschaft für Frankreichs Wandel zu einem modernen Staatsgebilde spielte. Das Buch zeichnet die Eliteformation der Architekten an der Pariser Kunstschule im 19. Jahrhundert nach und erörtert die Karrierewege zwischen reglementierter Ämterlaufbahn und freiberuflichem Unternehmertum. Dargelegt werden die Zusammenhänge quellennah am Beispiel des deutschstämmigen Architekten Jakob Ignaz Hittorff, dem Entwerfer der Place de la Concorde und der Gare du Nord. Ein umfassender Überblick über die Pariser Stadtarchitektur erläutert epochale Neuerungen und Eigenheiten wie Stadtmöblierung, Eisenarchitektur, Freizeitindustrie und Technokratie, ohne dabei – wie gewöhnlich – den Historismus auszuklammern. Adressiert wird eine andere Lesart des Architekten und seiner gesellschaftlichen Rolle, wofür auch die klassische Darstellungsform der Architektenmonographie einer grundlegenden Revision unterzogen wurde.
This volume investigates places where old and new elites came together, where these groups met and interacted but also where the rules and conventions for new elites were forged. The book focusses arenas of encounter and (self)representation belonging to the world of leisure and embraces also the organizations and associations which established and ran these spaces and events.
Erstmals wird die zentrale Rolle der katholisch-faschistischen Intellektuellengruppe um den Germanisten Guido Manacorda (1879-1965) beleuchtet, die diese dank großer Nähe zu Mussolini im Regime in Bildung, Propaganda und Wissenschaft spielte. Diplomatiegeschichtlich kommt Manacorda 1935/37 das zweifelhafte Verdienst zu, als Vermittler des „Duce" in mehreren Audienzen bei Hitler die Annäherung Italiens an das „Dritte Reich" vorbereitet zu haben.
Die europäischen Konservativen des 19. Jahrhunderts hätten sie sich ungern als Reaktionäre, Rückwärtsgewandte oder Unverbesserliche bezeichnet. Obwohl die offene Unterdrückung der politischen Gegner eine praktikable Option blieb, tendierten sogar die unerbittlichsten Verfechter des Status quo dazu, ihre politischen Ziele zu popularisieren. Auch reformbereite Konservative sahen sich vor einer delikaten Herausforderung: Wie ließen sich Modernisierungsmaßnahmen realisieren, ohne die eigene Machtbasis zu untergraben? Die Studie untersucht die umfassende Dynamisierung des konservativen Diskurses, die schließlich zur spektakulären und halbgewollten Durchsetzung der Nationalstaatsidee in Deutschland und Italien führte.
The book analyses the collective career of the artistic profession in Brno and Vilnius and the necessity to copy the behavior of the elites of the Old Regime. The "noble" values, which shaped the artistic careers in the 19th century press, were charity, good taste, cosmopolitism and patriotism. The newspaper discourse disposed potential to integrate and to smuggle novelties by exposing old values.
Der Adel im Königreich Kroatien-Slawonien ist weder untergegangen noch dekadent geworden, sondern auf eine spezifische Weise „oben" geblieben, indem er an dem gesamtgesellschaftlich relevanten Prozess des Nation-Buildings beteiligt war. Erstmals werden in dieser Darstellung die südosteuropäischen (Adels-)Landschaften in den neueren historisch geführten Adelsdiskurs einbezogen.
Die Eliten in Russland und Österreich-Ungarn hatten „imperiale Biographien“: Ihre Karrieren, Lebensläufe und Selbstbilder waren unauflöslich mit dem Imperium verbunden. Der Band fragt nach dem Einfluss dieser mobilen Akteure auf den fundamentalen Wandel der Monarchien im langen 19. Jahrhundert. Die Beiträge schildern anhand von Einzelstudien Karriere- und Mobilitätsmuster der Reichseliten. Sie beschreiben den Zusammenhang von imperialen Erfahrungen, beruflichen Handlungsfeldern und individuellen Selbstentwürfen. Und sie untersuchen, inwieweit wechselseitige Wahrnehmungen und Austauschbeziehungen zwischen den Großreichen im mittel- und osteuropäischen Raum die einzelnen Biographien prägten.
Seit der Spätaufklärung und der Krise des Ancien Régime entstanden in Deutschland zahlreiche Konzepte einer "Reform" bzw. "Erneuerung" des Adels, deren Konjunktur bis ins 20. Jahrhundert andauern sollte. Die vorliegende Untersuchung betrachtet solche Adelsreformideen als Bestandteile der Suche nach "Dritten Wegen", die auf einen maßvollen und gesteuerten Wandel der Gesellschaft abzielten. Der verstörende Umsturz des alten Regiments in weiten Teilen Europas und die gleichzeitige militärisch-politische Herausforderung durch das revolutionäre Frankreich gaben um 1800 diesem Paradigma gerade in Preußen einen besonderen Resonanzraum. Die von der preußischen Reformzeit bis in die Restaurationsepoche nach 1848 reichende Untersuchung beginnt mit der vergleichenden und diskursanalytischen Gegenüberstellung der aufgefundenen Adelsreformpläne, setzt die darin geäußerten gesellschaftsstrategischen Ansätze, Geschichtsdeutungen und Zukunftserwartungen aber dann mit den strukturellen Voraussetzungen der stark variierenden preußischen Adelslandschaften in Beziehung: Das Ergebnis ist eine sozialwissenschaftlich informierte Ideengeschichte; Adelsgeschichte wird so zum Spiegel einer Gesellschaftsgeschichte, die konventionelle Vorstellungen einer simplen, linear fortschreitenden Ablösung der alten Gesellschaft durch eine aufkommende Moderne überwindet.
Der Band zeigt neue Perspektiven zur Adelsgeschichte der Moderne auf. Er lotet für das gesamte 19. und 20. Jahrhundert die Möglichkeiten einer kulturalistisch erweiterten Sozialgeschichte aus und rückt dabei vor allem lebensweltliche Zusammenhänge zwischen Adeligkeit und Katholizismus sowie das mythische Potential des Adels ins Blickfeld: Inwieweit fungierte die Konfession als Wegbereiter spezifischer Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen? Wie beeinflusste sie private Lebensführung und öffentliches (politisches) Handeln, wie prägte sie wirtschaftliches Denken und Agieren, Frauen- und Männerbilder, Vorstellungen von Erziehung und Liebe sowie das Verhältnis zu anderen sozialen Schichten? Was erzählen uns die um adelige Herrscher kreisenden Mythen über die moderne Gesellschaft? Welche Rolle spielen eigentlich Religion und Mythos im inflationär zitierten adeligen Kampf ums "Obenbleiben"?Der Band versammelt Arbeitsergebnisse einer Eichstätter Forschergruppe, die ausschließlich aus Nachwuchswissenschaftlern besteht.
Wie reagierten adlige Gutsbesitzer in der Mark und späteren Provinz Brandenburg auf die Verfassungsplanungen für die preußische Monarchie zu Beginn des 19. Jahrhunderts? Bislang ist die Geschichtsschreibung meist davon ausgegangen, dass sie die Pläne grundsätzlich bekämpft und vormoderne Herrschaftsstrukturen verteidigt hätten. Karsten Holstes Untersuchung verdeutlicht nun, dass ihre Politik weder von vornherein verfassungsfeindlich ausgerichtet war noch uneingeschränkt auf den Erhalt der überlieferten ständischen Ordnung zielte. Der Autor betrachtet die Auseinandersetzungen um Verfassung und politische Repräsentation als Arena, in der adlige Gutsbesitzer nicht nur mit anderen Akteuren um politische Einflussmöglichkeiten rangen, sondern zugleich versuchten, ihren Anspruch auf Anerkennung als relevante politische Kraft in neuer Form zu begründen. In ihrer Argumentation lässt sich ein tiefgreifender Bedeutungswandel von Adel, Ständen und Gutsbesitz nachweisen, der eine Grundlage dafür bildete, dass sie auch nach der preußischen Reformzeit eine besondere politische Rolle für sich beanspruchen konnten. Dass adlige Gutsbesitzer zunehmend dazu übergingen, sich als geborene Verteidiger einer partizipationsfeindlichen staatlichen Ordnung zu inszenieren, ist daher weniger ein Zeichen für ein vormodernes Politikverständnis als vielmehr für eine erfolgreiche Anpassung an die Veränderungen des politischen Diskurses und der Herrschaftspraxis.
Der Adel ist erst spät in den Fokus der Sozialgeschichte gerückt. Heinz Reif, Pionier und Doyen der deutschen Adelsforschung, analysiert die Leistungen des Adels in Bezug auf Herrschaft, Besitz, Selbstdarstellung, Gestaltungskraft und Anpassungsfähigkeit. Darüber hinaus diskutieren die hier versammelten Beiträge weitergehende Fragen der modernen Elitenforschung. Der Band analysiert die bemerkenswerte Elastizität des Adels und schreitet die Grenzen seiner Wandlungsfähigkeit ab.
In diesem Buch geht es um die Selbstpräsentationen adeliger Frauen im Medium der Autobiographik um 1900. Die Autorin verbindet, und das ist für die Adelsforschung neu, nahezu gleichgewichtig Fragestellungen und Methoden der Adels- und der Geschlechtergeschichte. Sie wertete 36 Lebenserinnerungen adeliger Frauen aus und stellt die Frage nach dem „guten Leben“, das heißt nach dem Zusammenhang von gesellschaftlichen Normen, Werten und individuellen Erfahrungen, wobei sie die Geschichte adeliger Frauen konsequent als Subjektgeschichte begreift. Im Zentrum der Untersuchung stehen Bindungs- und Beziehungsgefüge zwischen Frauen und ihren Familien, die Auskunft darüber geben, welche (Un)Möglichkeiten eines guten Lebens für weibliche Adelige bestanden haben. Hierüber knüpft die Arbeit an einen allgemeinen Befund der jüngeren Adelshistoriographie an, wonach die adelige Familie relevante Handlungsorientierungen bereitstellte, um den Herausforderungen der Moderne zu begegnen und prüft ihn am konkreten Gegenstand.
Die Strategien adliger Besitzsicherung, insbesondere jene des ehemaligen ostelbischen Lehnadels, sind bis heute ein bevorzugtes Feld der Adelsforschung. Im Unterschied zum Adel im Westen und Süden Deutschlands waren die Besitzwechselanteile bei den Rittergütern des ostelbischen Adels im 18. und 19. Jahrhundert relativ hoch. Sie gelten noch heute Teilen der Forschung als zentrale Indikatoren dafür, dass sich der ostelbische Adel um 1900 im „Todeskampf“ befunden hätte. Dirk H. Müller weist in seiner Studie nach, dass die hohen Besitzwechselanteile auf dem Gütermarkt Brandenburgs und Pommerns und die konstatierten „Besitzverluste“ des Adels die in Ost und West völlig unterschiedlichen Strategien des Adels außer Acht lassen, ihren Besitz zu wahren. Die von Müller akribisch rekonstruierten Besitzsicherungsstrategien des Familienbesitzes zur ganzen Hand induzierten im Osten andere innerfamiliale Formen der Besitzwahrung als westlich der Elbe, da hier schon seit langem das Majorats- und Fideikommissprinzip praktiziert wurde. Müller zeigt nun, dass auch das Vererbungsmuster des Familienbesitzes zur ganzen Hand in der Lage war, den Gutsbesitz des Adels zusammenzuhalten. Die Studie macht damit nicht nur einen bisher von der Adelsforschung völlig übersehenen Aspekt des Adelslebens erstmals sichtbar. Sie ist darüber hinaus auch deshalb für die aktuelle Geschichtsforschung von Bedeutung, weil sie die großen, in der Geschichtswissenschaft viel zu wenig genutzten Erkenntnischancen einer politischen fundierten Rechtsgeschichte vor Augen führt.
Der Autor geht der Frage nach, auf welcher Basis, in welcher Gestalt und mit welchen Folgen sich in der preußisch-ostelbischen Forstbeamten- und Jägerschaft ein Elitenwandel im Kaiserreich vollzog. Im Zentrum des in drei Hauptkapitel gegliederten Buches steht der waldnahe Adel, der in dieser Funktionselite Anfang des 19. Jahrhunderts Positionsverluste zugunsten aufstrebender ländlicher Bildungsbürger hatte hinnehmen müssen, aber im Kaiserreich stark zurückgewann und Prägungswirkungen auf die Profession bis ins 20. Jahrhundert ausübte. Nach einer Einführung in Gegenstand, Forschungslage und Quellenfundus wird in Kapitel 1 der Jagd als Passion und ihren Motivationsfeldern nachgegangen. Kernthema ist die Wahrnehmung von Jagd in ihrer Erholungs- und Freiheitsfunktion. Weiterhin werden Funktionen der Jagdgeselligkeit identifiziert, wie sie für Selbstbild und Begegnung in Familie, Heiratskreisen und mit Fremden ausschlaggebend waren. Kapitel 2 widmet sich, fundiert durch umfangreiche statistische Daten, den Besitzstrukturen und Herausforderungen der Forstwirtschaft im späten 19. Jahrhundert unter der Frage nach der Überlebensfähigkeit des adligen Waldbesitzes. Kapitel 3 folgt dem Fortgang der Laufbahn der gesamtpreußischen Forstbeamtenschaft als einer innovativen adlig-bürgerlichen Verwaltungselite vom Studienbeginn bis zur letzten Karrierestufe. Der Autor konzentriert sich hierbei auf die an den beiden preußischen Forstakademien seit 1830 beziehungsweise 1866/71 bis 1914 aktive Studentenschaft. Die gesellschaftliche Stellung der Staatsforstbeamten wurde - so das Resümee des Autors - durch eine auffällige Rückkehr des Adels deutlich gestärkt, so daß sie in Selbst- und Fremdeinschätzungen um 1914 zwanglos als staatstragend neben dem adligen Grundbesitz in Ostelbien auftraten. Die akademischen Staatsforstbeamten - Exempel einer partiell gelungenen aristokratisierten Elitenkonfiguration eigener Art - erwiesen sich als konservatives Rückgrat der wilhelminischen Gesellschaftsordnung auf dem Lande.
Die erste umfassende Analyse des Niedergangs der jahrhundertealten Herrschaftselite des deutschen Adels. Die Selbstzerstörung adliger Traditionen und Werte, die im Kaiserreich mit der Annäherung an rechtsradikale Bewegungen beginnt, kulminiert in der widersprüchlichen Mitwirkung in der NS-Bewegung. Ausgezeichnet mit dem Hans-Rosenberg-Preis 2004.Über die immense Bedeutung des deutschen Adels weit über das Jahr 1918 hinaus herrscht in der Literatur Einigkeit. Kurioserweise ist jedoch über den Adel des 20. Jahrhunderts bisher sehr viel behauptet und sehr wenig geforscht worden. Dieses Buch erregte gleich nach Erscheinen großes Aufsehen und wurde innerhalb eines halben Jahres zweimal nachgedruckt. Gestützt auf breite Quellengrundlage liegt hier die erste umfassende Analyse des Niedergangs einer jahrhundertealten Herrschaftelite vor, die die Bastionen ihrer sozialen und kulturellen Macht selbst noch innerhalb der industriellen Moderne äußerst hartnäckig und nicht ohne Erfolg verteidigt hatte. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Selbstzerstörung adliger Traditionen und Werte, die im späten Kaiserreich mit der Annäherung an rechtsradikale Bewegungen beginnt und in der weit gehenden Kollaboration mit der NS-Bewegung kulminierte. Dieser Befund wird nicht ohne Folgen für die Interpretation und Einordnung des sogenannten konservativen Widerstandes bleiben.
Das Buch René Schillers über den Großgrundbesitz und die Großgrundbesitzerin der Provinz Brandenburg markiert in der Reihe „Elitenwandel" einenersten Einschnitt. Die Bände I und II präsentierten die Ergebnisse zweierTagungen, mit denen Grundlagen geschaffen wurden für die Exploration einesausgewählten Spektrums von Erfahrungs-und Handlungsfeldern, in denen sichAdel und Bürgertum begegneten, gegenseitig beeinflussten und veränderten.Schillers Studie eröffnet mit gutem Grund die nun einsetzende Folge vonEinzeluntersuchungen, wurden doch die ostelbischen Großgrundbesitzer wiekaum eine andere Sozialklasse herangezogen, wenn es um die Erklärung desspezifischen Verlaufs der preußisch-deutschen Geschichte ging.
Die historische Forschung hat bisher vor allem die beeindruckende Selbstbehauptung des deutschen Adels im 19. und frühen 20. Jahrhundert herausgearbeitet, und zwar in der Regel mit erkennbarem Unwillen. Der Abschied des Adels aus der Geschichte ging den Historikern nicht schnell genug. Dabei gibt es zahlreiche Gründe für ein solches Obenbleiben. Unter diesen besaßen die Orientierungs- und Verhaltensmuster des Bürgertums besonderes Gewicht. Wie in den meisten Ländern Westeuropas wurden auch in Deutschland die gesellschaftlichen Machtstrukturen dieser Zeit nicht von Adel oder Bürgertum, sondern von Adel und Bürgertum geprägt, in genau zu bestimmenden Mischungslagen. Die Bildung einer neuen Führungsschicht war seit dem Ende des 18. Jahrhunderts ein gesamteuropäisches Problem. Dabei wurde der Adel bis ins 20. Jahrhundert hinein immer wieder zum Reservoir derjenigen Personen gezählt, aus welchem eine Elite, der "neue Adel", rekrutiert werden sollte. Die Bildung eines "neuen Adels" aus Adel und Bürgertum hatte in Deutschland seine Konjunkturen und Krisen. Mit dem Konzept "Elitenbildung" ist es möglich, die Adelsforschung aus stereotyp gewordenen Deutungsmustern zu lösen und die Beziehung zwischen Adel und Bürgertum, die im langen 19. Jahrhundert immer wieder neu ausgehandelt und ausprobiert wurde, in ihren Chancen, ihren Erfolgen und in ihrem Scheitern zu erforschen.
This monograph examines the interrelationship between politics and modernist architecture in interwar Belgium, focusing on political, architectural, and administrative elites as propagators of new ideas of governance. While Belgium was strongly influenced by neighbouring France and Germany, it also developed its own avant-garde approaches to socio-political problems. In the second half of the 1930s, the country was the scene of a remarkable political and architectural experiment involving an ambitious plan for the large-scale construction of modernist government office buildings. These buildings were seen as essential to the development of a technocratic model of governance, aimed at strengthening the role of the executive and minimising the influence of parliament. More specifically, the “efficient” new office architecture was supposed to create a new type of “perfect” civil servant, whose loyalties would no longer lie with political parties, but with scientists and management experts. Such experts and scientists constituted a rising elite of homines novi with strong (though often veiled) political ambitions. As such, this book contributes to our understanding of political culture in the “age of extremes”.