Jahrestage und Jubiläen spielen im „Doing History" eine zentrale Rolle: Sie erweitern qualitativ und quantitativ die Kreise der Personen, die „Geschichte" konsumieren und produzieren, zugleich korrespondieren und konkurrieren im Jubiläum verschiedene Medien der Geschichte: Fach- und populärwissenschaftliche Schriften sind dabei nur eine und zumeist nicht die wirkmächtigste Erzählung der Vergangenheit: Auch über Feste und Feiern, Spiele und Inszenierungen werden individuelle und kollektive Identitäten adressiert und Zugehörigkeiten zu (gedachten) Gemeinschaften (re-)produziert.
Auch in der Geschichte von Hochschulen und Universitäten spielen Gründungsjubiläen eine zentrale Rolle. Denn Jubiläen generieren eine spezifische Aufmerksamkeit für die Institutionen und produzieren nicht selten eine Vielzahl an Geschichtssorten, in denen nicht nur die Geschichte der Institution thematisiert, sondern die Institution selbst reproduziert, reifiziert oder auch reformiert wird. Das Geschichte-Machen ist somit Ausdruck des Ringens um das institutionelle Selbstverständnis zum Zeitpunkt des Jubiläums und eignet sich, um reflektierte und unreflektierte Selbstzuschreibungen zu untersuchen. Die Beschäftigung mit Hochschuljubiläen ermöglicht dadurch nicht nur die Perspektivierung vergangener Gegenwarten, sondern rekurriert auch auf vergangene Zukunftserwartungen und die Rolle, die Geschichte darin spielen sollte.
Der Sammelband adressiert diese Fragen anhand zwei eng verwobener Schwerpunkte – der identitätsstiftenden Funktion von Jubiläen und den in ihnen zutage kommenden Geschichtssorten – am Beispiel verschiedener Hochschultypen in Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz in einer longue durée von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart.