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Die Disziplin „Juristische Zeitgeschichte" entwickelt sich seit einigen Jahren im Grenzbereich von Rechtswissenschaft, Rechtsgeschichte und Allgemeiner Geschichte. Juristen und Historiker lernen hier voneinander. Juristische Zeitgeschichte umfasst mehr als nur die Dogmengeschichte von Rechtsinstituten (schließt diese aber nicht aus); sie erweitert das traditionelle rechtshistorische Instrumentarium einerseits in allgemeinhistorischer Sicht und in der Sicht historischer Nachbardisziplinen. Mehr als früher berücksichtigen Rechtshistoriker statistische Methoden und Erkenntnisse, aber auch kunst- und literaturgeschichtliche Erkenntnisse. Andererseits werden Fragen an das Quellenmaterial und dessen Interpretation auch unter dem Gesichtspunkt der rechtstheoretischen bzw. rechtsphilosophischen Kritik der (oder einer) Rechtsentwicklung formuliert, Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Rechtsentwicklung diskutiert. Die Frage nach dem zeitlichen Rahmen Juristischer Zeitgeschichte wird nicht einheitlich beantwortet. Die Schriftenreihe legt– ausgehend von der wohl am weitesten greifenden Auffassung – den Zeitraum seit der Sattelzeit an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert zugrunde.
„Über die Zerbrechlichkeit des rechtsstaatlichen Strafrechts" ist der Titel eines ersten, 2000 erschienenen Bandes mit Beiträgen zur Juristischen Zeitgeschichte. An den Modellen des deutschen Kolonialstrafrechts als Teil des europäischen Kolonialstrafrechts, des Strafrechts des 1. Weltkrieges, des NS-Strafrechts, des „Rechts" der Tötung Geisteskranker (Binding/Hoche, die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens, 1920) wird belegt, wie schnell, fast mühelos rechtsstaatliches Strafrecht zerbrochen werden kann. Keine Antwort gibt dieser erste Band auf die dringliche Frage, welche Kräfte es sind, die das rechtsstaatliche Strafrecht zerstören. Der vorliegende zweite Band mit neueren Beiträgen zur Juristischen Zeitgeschichte versucht diese Antwort: Es ist die jeweilige Politik, die sich des Strafrechts bemächtigt und dabei die rechtsstaatlichen Strukturen zerschlägt. Durch alle Beiträge zieht sich die Überzeugung, dass Strafrecht und Politik nicht zu trennen sind. Strafrecht ist Politik.
Das Werk untersucht die Entstehung Saarbrückens zur „Großstadt" 1909, rechtliche Entwicklungen in Saarbrücken im und unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg, das Saarstatut, Saarbrücken während der Zeit des Völkerbundmandats 1920-1935, die Saarabstimmung von 1935, Saarbrücken in der Zeit des Nationalsozialismus sowie die rechtlichen Entwicklungen in Saarbrücken nach 1945. Innerhalb der einzelnen Kapitel werden sachliche Schwerpunkte gebildet.
Auf der Suche nach einem materiellen Schuldbegriff folgt der Autor unterschiedlichen Begründungsansätzen von Schuld. Ausgehend vom Menschen als mit Vernunft begabte Person lässt sich die Trennung von Ethik und Recht über das Anerkenntnis gegenseitiger Freiheit überwinden. In der Ethik bedeutet Schuld den Missbrauch der eigenen Freiheit, im Recht den Missbrauch der Freiheit des Anderen. Letzterer führt zu Unrecht und erfordert staatliche Strafe.
Der auch in Deutschland bekannte japanische Strafrechtslehrer fasst hier seine Beiträge der letzten Jahre zur japanischen Strafrechtsgeschichte zusammen. Diese umfassen sowohl die Gesetzgebungsgeschichte als auch die Theoriegeschichte, vor allem im 20. Jahrhundert. Unterschiede wie auch Gemeinsamkeiten der deutschen und der japanischen Entwicklung treten eindrucksvoll zutage, ebenso wie die deutschen Einflüsse auf die japanische Entwicklung.
Die Karlsbader Beschlüsse stellten eine der tiefgreifendsten Einschnitte in die kurz zuvor erkämpften neuen Freiheiten der Studenten und Professoren an der Universität Leipzig dar. Sie markierten den ideologischen und politischen Gegenschlag der Regierungen der deutschen Einzelstaaten gegen die neue bürgerliche Universitätsentwicklung und deren "Geist der Freiheit" und sollen in dieser Arbeit deshalb in Entstehung und Wirkung betrachtet werden.
Das Oberste Rückerstattungsgericht in Herford war eine der zentralen Institutionen und wesentlichen Bestandteile der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Als oberste Instanz in Rückerstattungssachen für das Gebiet der vormaligen Besatzungszonen der drei alliierten Westmächte hatte es letztinstanzlich zu entscheiden in allen gerichtlichen Verfahren, in denen es um die Rückerstattung von Vermögen ging, das im Dritten Reich "in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis 8. Mai 1945 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Weltanschauung oder politischen Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus" (Art. 1 Abs. 1 S. 1 USREG) weggenommen bzw. zwangsweise weggegeben worden war.
Dem Einfluss verschiedener Rechtssysteme verdankt das Gericht mehrere - insbesondere für Gerichte in Deutschland - außergewöhnliche nichtrichterliche Angehörige und Einrichtungen sowie eine heterogene Zusammensetzung seiner Richterschaft mit deutschen Richtern, mit Richtern der Drei Mächte und mit den als Senatspräsidenten den Vorsitz in den Senaten führenden Richtern, die keiner der beiden ersten Gruppen angehören durften. Dabei stand der Beteiligung deutscher Richter an der Rechtsprechung der obersten Instanzen in Rückerstattungssachen zunächst das Misstrauen der alliierten Mächte entgegen, sie wurde letztlich aber aufgrund schlichter Praktikabilitätserwägungen umgesetzt.
Die Arbeit behandelt am Beispiel der Verfahren gegen ehemalige Angehörige der Sicherheitspolizei für den Bezirk Bialystok die Strafverfolgung von NS-Verbrechen durch die westdeutsche Justiz. Die Organisation der Deportationen im Jahr 1943 aus den jüdischen Ghettos des deutsch besetzten nordostpolnischen Bezirks in die Vernichtungslager Auschwitz und Treblinka war Gegenstand eines Strafprozesses vor dem Schwurgericht in Bielefeld. Die Angeklagten wurden am 14. April 1967 wegen ihrer Beteiligung an den Deportationen aus Bialystok und Grodno der "gemeinschaftlichen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord" an mehreren tausend Juden schuldig gesprochen. Der ehemalige Kommandeur der Sicherheitspolizei und ein Abteilungsleiter seiner Dienststelle wurden in einem weiteren Fall wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Das Gericht erbrachte den Nachweis, dass sie im Februar 1943 die Erschießung von 100 Bialystoker Juden veranlasst hatten. Anhand dieser Verbrechen werden - vor dem Hintergrund rechtsphilosophischer und rechtsdogmatischer Ansätze und auf der Grundlage von Tonbandmitschnitten der Hauptverhandlung - die Logik der juristischen Aufklärung und die gerichtliche Wirklichkeitsrekonstruktion im Verhältnis zur forensischen Interaktionsdynamik analysiert.